Von Uwe Weichsel
Ein Ehepaar in einer Tischtennis-Mannschaft, gibt es so etwas? Wenn ja, kann das gut gehen? Die Antwort lautet zweimal: „Ja!“ Diese Bestätigung geben Anette und Karl-Heinz Schäfer, und sie sind zugleich der lebende Beweis dafür. Seit drei Jahren spielt das in Watzenborn-Steinberg wohnende Ehepaar gemeinsam für die zweite Mannschaft des TV Grüningen.
Zu Beginn jenes Experiments waren sich beide über die Erfolgsaussichten selbst noch nicht so ganz im Klaren. Anette Schäfer sagt dazu: „Ich wusste nicht, ob das klappt, wenn wir zusammen spielen. Es geht aber erstaunlich gut.“ Außerdem erwähnt sie einen angenehmen Nebeneffekt: „Schön daran ist, dass wir so auch einmal einen Termin zusammen haben.“ Den genießen auch die beiden Töchter Luisa (11) und Lena (9). Sie haben dann einen Abend sturmfreie Bude. Sorgen muss sich dabei allerdings keiner machen. Dank der Großmutter ganz in der Nähe dürfen alle Beteiligten die Tischtennis-Spieltage entspannt angehen.
Doch wie kam es eigentlich zu der gemeinsamen sportlichen Aktivität? Begonnen hat alles mit einer Pause. Eine solche wollte Anette Schäfer im Jahr 2009 einlegen. Jenes Ansinnen bezog sich auf das aktive Tischtennis spielen, mit dem sie wie ihr Mann 1975 angefangen hat. Nach insgesamt 23 Jahren bei ihrem Heimatverein NSC Watzenborn-Steinberg, mit dem sie einst die südwestdeutsche Jugend-Mannschaftsmeisterschaft gewann, und zehn Jahren bei der Spvgg. Frankenbach sollte es erst einmal genug sein. Genau betrachtet fehlt in der Laufbahn noch ein Jahr. Dies verbrachte Anette Schäfer (geborene Scheffler) Mitte der neunziger Jahre beim TTC Anzefahr. Hier spielte sie in einem Team mit Ingrid Hoos, die nun eine Arbeitskollegin von Karl-Heinz Schäfer ist. Zusammen mit Tobias Senst bilden Hoos und Schäfer das hauptamtliche Trio der Geschäftsstelle des hessischen Tischtennis-Verbandes (HTTV). Dessen Geschäftsführer ist seit 1996 Karl-Heinz Schäfer. Er stammt aus Kassel. Seine erste Tischtennis-Station war bis 1991 der OSC Vellmar. Im Kreis Gießen schloss er sich zunächst der Spvgg. Frankenbach an. Von dort wechselte er zum TV Grüningen. Bei der zweiten Mannschaft des TV mangelte es wiederum häufig an Spielern, gerade als Anette Schäfer beschlossen hatte, die besagte Pause einzulegen. So entstand die Idee, dass sie aushelfen könnte, wenn es nötig wäre. „Ich spiele da mal mit, falls die Manschaft nicht komplett ist“, dachte sich Anette Schäfer. Aus diesem Gedanken sind inzwischen drei komplette Spielzeiten geworden, in denen sie kaum ein Match verpasst hat.
Dabei empfand sie es nie als etwas besonders Außergewöhnliches, in einer Männermannschaft und gegen Männer zu spielen. „Für mich ist das einfach, aber für die Männer ist es schwierig“, meint Anette Schäfer. Das bestätigt ihr Mann mit einer Anekdote aus den Anfängen der gemeinsamen Punktejagd: „Anettes erster Gegner bei den Herren hat mir beim Rückspiel erzählt, wie erleichtert er war, als er gesehen hat, dass fast alle nach ihm auch gegen sie verloren haben.“ Die damalige Bilanz von 16:1 Spielen im mittleren Paarkreuz der 3. Kreisklasse belegt dies eindrucksvoll. Seitdem kam Anette Schäfer stets im ersten Paarkreuz zum Einsatz und erreichte auch dort sehr positive Bilanzen. Ebenso wie in der gerade abgelaufenen Saison der 2. Kreisklasse. In dieser Runde schafften die Schäfers mit ihrem Team den Klassenerhalt, was nach der mit null Punkten abgeschlossenen Vorrunde kaum noch jemand für möglich gehalten hätte. Die Verstärkung durch Manfred Emmerich aus den eigenen Reihen und Adam Czapelka, der vom oberfränkischen TSV Schirnding gekommen war, führte zu einer Aufholjagd, die 13:9 Punkte einbrachte und den Abstieg verhinderte. Ebenfalls an diesem Erfolg beteiligt waren die Mannschaftskollegen Harmut Loubal, Christian Seth, Björn Langer und Klaus Dern. In vier Partien gab es mit Margarete Stein zudem noch eine weitere weibliche Mitstreiterin.
Sie gehört zu den insgesamt 28 Damen, die derzeit im Kreis Gießen in Herren-Mannschaften gemeldet sind – hessenweit sind es 723. Zulässig ist das Mitwirken von Frauen bei den Männern auf Kreisebene seit 1998. Grund für die damalige Änderung der Wettspielordnung war, dass es in vielen Vereinen nicht mehr genügend Frauen gab, um eine Damen-Mannschaft zu stellen. Die „übrig gebliebenen“ Frauen sollten aber dennoch die Möglichkeit erhalten, weiter aktiv zu spielen, ohne den Verein wechseln zu müssen. Eine Ausweitung dieser Regel auf die Bezirksebene wurde bislang abgelehnt, um zu verhindern, dass es dadurch noch weniger Damen-Mannschaften gibt.
Bleibt noch die Frage, ob die seit 13 Jahren verheirateten Anette und Karl-Heinz Schäfer als Ehepaar in einer Mannschaft einen Einzelfall darstellen. Nein, das tun sie nicht. Kathrin und Steffen Peinert gehen ebenfalls gemeinsam auf Punktejagd. Die Eheleute wurden mit dem VfR Lindenstruth in der vergangenen Saison souverän Meister der zweiten Kreisklasse. Eine Stufe höher spielten sie direkt wieder oben mit, wobei Kathrin Peinert auf Position eins eine Gesamtbilanz von 32:10 Spielen gelang. Nur der ehemalige Oberliga-Akteur Michael Weimer (Spvgg. Frankenbach) erreichte ein noch besseres Ergebnis (33:0) in dieser Klasse.
Ebenfalls zu den Frauen, die seit langem in Männer-Teams mitwirken, gehört Maria Scholz-Nguyen von der TSG Wieseck. Ihr Mann, Hao Nguyen, und sie spielten bislang noch nicht fest in einer Mannschaft. Allerdings gab es schon einige Partien, bei denen Maria im Team ihres Mannes ausgeholfen hat. Wahrscheinlich sind hiermit noch nicht alle Tischtennis-Ehepaare im Kreis-Gießen erwähnt. Der Autor hat sich fürs Erste auf einige der Spielerinnen beschränkt, gegen die er selbst schon einmal verloren hat.