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Die mentale Herausforderung bei Korpas letztem großen Coaching

Gelnhausen (kel). Wie dicht Erfolg und Niederlage im Leistungssport beieinander liegen, hat Istvan Korpa als Spieler und Trainer am eigenen Leib erfahren müssen. In seinem letzten großen Match als Coach der Männernationalmannschaft scheiterte sein Schützling Timo Boll im Viertelfinale bei Olympia am "Alten Schweden" Jan-Ove Waldner. Es ist kein halbes Jahr her, da verhalf Istvan Korpa seinem Team mit goldrichtigen Tipps zur überraschenden Mannschaftsvizeweltmeisterschaft.

Gelnhausen (kel). Wie dicht Erfolg und Niederlage im Leistungssport beieinander liegen, hat Istvan Korpa als Spieler und Trainer am eigenen Leib erfahren müssen. In seinem letzten großen Match als Coach der Männernationalmannschaft scheiterte sein Schützling Timo Boll im Viertelfinale bei Olympia am "Alten Schweden" Jan-Ove Waldner. Es ist kein halbes Jahr her, da verhalf Istvan Korpa seinem Team mit goldrichtigen Tipps zur überraschenden Mannschaftsvizeweltmeisterschaft.
Auch als Spieler sollte Korpa vor genau 33 Jahren die Licht- und Schattenseiten des Sportes kennen lernen. Mit dem Titel eines Vizeeuropameisters im Einzel kehrte der sympathische Konterspieler von der Europameisterschaft 1971 in Moskau zurück und hätte im Mannschaftsendspiel gegen Schweden fast eins draufgesetzt. Doch trotz 4:1-Führung der Jugoslawen gewannen Bengtsson, Johannson und Alser den Titel. "Ausgerechnet unser bester Spieler, Dragutin Surbek, verlor alle drei Einzel", erinnert sich der 58-Jährige zurück. Korpa und Karakasevic punkteten übrigens jeweils zweimal.Korpa spielte vier Jahre in der Tischtennis-Bundesliga für FTG und Eintracht Frankfurt. Karakasevic war in Herbonseelbach und Hamm erstklassisch.
Nach vier Jahren als Meistertrainer der deutschen Männernationalmannschaft kümmert sich Korpa künftig um die Jugend. "Die Aufgabe als Jugendtrainer ist reizvoll, weil ich es dann mit jungen Menschen zu tun, denen ich helfen kann, die Pubertätsphase mit wenig Reibungsverlusten zu überstehen," freut sich Korpa auf die andere Seite der Erfolgsmedaille.
Der Meerholzer gilt als ausgeglichen und ruhig. "Das bin ich nur äußerlich. Als aktiver Spieler habe ich gelernt, in kritischen Augenblicken klaren Kopf zu behalten." Das Spiel des Gegners zu lesen und dem psychischen Druck stand zu halten und im entscheidenen Moment dem Spiel den eigenen Stempel aufzudrücken, dies sei immer die Stärke von Ausnahmespielern wie Waldner gewesen. Auch der Timo sei in der mentalen Auseinandersetzung stark. Doch die Schmerzen im Beckenbereich hätten das Trainerteam gezwungen, in der Trainingsarbeit mehr wert auf Technik zu legen, da durch die Verletzungen eine körperliche Fitness auf hohem Niveau nicht möglich gewesen wäre. "Wir hofften auf die langen Pausen zwischen den Matches. Timo sollte die Grundstellung mehr in Tischmitte verlagern, die Rückhand häufiger als gewöhnlich einsetzen, um das Loch auf der tiefen Vorhand bei Timo zu stopfen." Doch ein genialer Waldner habe den Erfolgsplanern einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Istvan Korpa redet immer in der Mehrzahl. Erfolg ist für ihn die Summe von Details, die Spieler und Betreuer sich gemeinsam erarbeiten. "Wenn ich das Spiel gegen Waldner analysiere, bin ich natürlich enttäuscht. Denn Timo hatte gegen den variantenreichen Rückschlag des Schweden kaum Chancen, sein Spiel druckvoll zu entwickeln.Ganz Tischtennis-Deutschland und der gesamte Trainerstab hatten nach dem Sieg gegen Weltmeister Schlager gehofft, dass Timo weiterhin am Limit spielt. Und das musste er auch, um eine Medaille zu holen."
Mit Korpa als Coach hatte Timo Boll den Titel eines Europameister vor zwei Jahren geholt. "Das war ein wichtiger Meilenstein und hat uns gezeigt, dass die ganze Mannschaft entwicklungsfähig ist. Damals haben wir zum ersten Mal nach 20 Jahren mit der Mannschaft die Schweden geschlagen." Wie sich die Ereignisse fast wiederholen!
Auf eigenen Wunsch geht Korpa ohne Wehmut zurück ins zweite Glied. "Im Hochleistungssport ist es sinnvoll, nach Großereignissen wie Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen neuen Trainern mit ehrgeizigen Zielen und großer Movitation eine Chance zu geben." Sein Nachfolger ist der Hanauer Richard Prause, der selbst bis vor fünf Jahren im Nationalkader stand. Prause habe inzwischen genug Abstand zu den Spielern und als Frauentrainer ausreichend Erfahrung gesammelt, glaubt Korpa.
Doch ein Zuckerschlecken wird die Arbeit mit Deutschlands talentierten Nachwuchsspielern für Korpa nicht. Im Jugendbereich sei der Abstand zwischen Asien und Europa noch wesentlich größer als bei den Männern. Den gelte es bei der zweiten Jugendweltmeisterschaft im November in Tokio zu verkürzen. Hilfreich seien neue Sportinternate wie in Frankfurt oder Düsseldorf (Umzug von Heidelberg im kommenden Jahr geplant), da die Kinder und Jugendliche dort optimal betreut würden und den Spagat zwischen Schule und Sport leichter meisterten.
Defizite stellt Korpa im Trainingsalltag der Vereine fest. Für das Erlernen der richtigen Technik mangle es an guten Trainern für Anfänger. In Schweden sei dies anders. Dort habe der Anfängertrainer einen entscheidenen Stellenwert für die spätere Sportentwicklung. "Wichtig ist die technische Ausbildung der Acht- bis Zwölfjährigen. Die Heimtrainer haben oft nur Augen für alle. Bei einer Gruppengröße von zwölf bis 14 Spielern ist es in Deutschland kaum möglich, Talente frühzeitig zu fördern", bemängelt der Erfolgscoach. In Hessen beginne die Sichtung bereits auf Bezirksebene. Dies sei sicherlich der Grund dafür, dass die Schüler und Jugendlichen aus Hessen in Deutschland Spitze sind. "Doch neben der technischen Ausbildung gehört Willenstärke und Selbstmotovation zum Erfolg." Und der klare Kopf in Stress-Situationen.
Im Alter von acht Jahren müssten die Kinder bereits klare sportliche Ziele haben und konzentriert in Richtung Tischtennis arbeiten. Deshalb seien Talentprojekt in der Schule für den Tischtennissport wichtiger denn je. "Mit der Kaderschulung in China kann Europa nicht mithalten. Die Mentalität ist dort eine andere. Wir müssen alternative Wege finden, damit die technischen Fertigkeiten früh entwickelt sind. Sonst verlieren wir schnell den Anschluss an die Weltspitze, den wir uns dank Timo Boll und Jörg Roßkopf mühsam erarbeitet haben", befürchtet Istvan Korpa.

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