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Einen Spielplan ohne „leichte Verletzungen“ gibt es nicht

Erstmalig kommt in dieser Saison in Hessen der Spielplan-Generator von Thorsten Meinl zum Einsatz. In Bayern wird dieser schon lange eingesetzt. Jürgen Renner (BYTTV) führte ein Interview mit dem Entwickler.

In der aktuell spielfreien Zeit werden rechtzeitig die Spielpläne zur neuen Saison erstellt. Was früher noch in mühevoller Handarbeit geschah, übernimmt seit einigen Jahren der Computer. Wir haben mit Thorsten Meinl gesprochen, der vor über 20 Jahren einen Spielplan-Generator ins Leben gerufen hat, um die Arbeit der Spielleiter zu erleichtern.

Hallo Thorsten, was gab wann für dich den Anlass, einen Spielplan-Generator zu entwickeln?

Thorsten Meinl: Das ist schon ziemlich lange her und war ein Hobbyprojekt von mir. Ich war kurz nach meinem 18. Geburtstag damals Spielgruppenleiter in einer Jugendliga. Also um das Jahr 2000. Damals habe ich das noch alles per Hand oder Excel-Tabelle gemacht, wobei das in den Kreisligen ganz gut funktioniert hat, weil es relativ viel Flexibilität gab, da jede Mannschaft an einem anderen Tag gespielt hat. Irgendwann wurde es mir das dann aber zu blöd, und da ich zu diesem Zeitpunkt Informatik studiert habe, dachte ich mir, dass das der Computer besser hinbekommen muss. Deshalb habe ich mich ein Wochenende hingesetzt und einen Spielplan-Generator programmiert. Damals hatte ich eine Vorlesung zum Thema Optimierungsverfahren besucht und eines im Spielplan-Generator umgesetzt. Das hat relativ gut funktioniert. Mittlerweile nutzen den Generator fünf, sechs Landesverbände. 

Wie darf man sich die Programmierung vorstellen?

Thorsten Meinl: Ich habe das Programm komplett in Java geschrieben. Der Anfang war relativ einfach, kompliziert wurde es durch die ganzen Nebenbedingungen, die so ein Spielplan erfüllen muss. Also nicht zu viel Pause zwischen den Spielen, aber auch nicht zu eng beieinander. Möglichst gleichmäßig verteilt über die Saison. Als ich dann Spielleiter der Bayernliga wurde, kamen die Auswärtskoppelspiele dazu, die ich bis dato gar nicht kannte. Das machte es nochmals deutlich komplizierter, wenn eine Mannschaft zweimal an einem Tag auswärts spielen möchte und gleichzeitig die Heimmannschaft einen Spieltag anbieten muss. Der erste Aufschlag war an einem Wochenende erledigt, für meine Kreisliga hat das damals ganz gut funktioniert. Bis dann die ganzen Nebenbedingungen eingebaut waren, hat das einiges an Zeit gekostet.

Inwiefern wurde der Generator zwischenzeitlich weiterentwickelt?

Thorsten Meinl: Ziemlich viel wurde weiterentwickelt. Am Anfang habe ich natürlich die bayerischen Besonderheiten wie Auswärtskoppelspiele aufgenommen, dann kam irgendwann die 40-Kilometer-Regel dazu. Als der Generator in anderen Verbänden eingesetzt wurde, gab es einige Bedingungen weniger. Dann kam der DTTB dazu, der bestimmte Pflichtspieltage hat. Über die Jahre kam hier und da immer etwas hinzu. In den letzten Jahren war es eher weniger, aber nun ist der hessische Tischtennisverband neu dabei. Der hat wieder ganz andere Anforderungen. Da habe ich in den letzten eineinhalb Monaten ziemlich viel Zeit investiert, um deren Wünsche umzusetzen. Also da tut sich immer wieder etwas. 

Was sind die größten Probleme bei der Spielplangestaltung?

Thorsten Meinl: Das Problem ist weniger die Programmierung, sondern ergibt sich durch die Anwendung. Die unteren Ligen verursachen in der Regel weniger Probleme, weil die Mannschaften sehr flexibel sind. Aber in den höheren Ligen wird es schwieriger, weil alle nur samstags oder sonntags spielen wollen. Ein häufiges Problem ist, den Leuten zu erklären, warum kein vernünftiger Spielplan zustande kommen kann. Am Anfang der Saison gibt es viele Anfragen von den Benutzern, weil sie Probleme mit dem Java-Update oder ihrem Computer haben.

Es ist von schweren und leichten Verletzungen die Rede. Dabei denkt man eher an Kreuzbandrisse und Oberschenkelzerrungen als an „zu viele gleichzeitige Heimspiele“ oder „zu lange Spielpausen“…

Thorsten Meinl: Das ist eine gute Frage. Der Programmcode ist auf Englisch geschrieben und heißt constraint violation, also Bedingungsverletzung. Ich habe versucht, das einigermaßen sinnvoll ins Deutsche zu übersetzen. Das ist also eher eine Regelverletzung.

Was ist Deiner Ansicht nach die schwerste Verletzung? Welche lässt sich nicht so einfach verhindern und kommt deshalb am meisten vor?

Thorsten Meinl: Ab und zu kommt es vor, dass Vereine zu wenige Heim- oder Auswärtsspieltermine zur Verfügung stellen. So kriegt man natürlich keinen vernünftigen Spielplan hin, weil man zwei Spiele an einem Tag hat und es anders nicht funktioniert. Das ist das Hauptproblem, das kriegt man aber relativ einfach in den Griff, indem man bei click-TT schaut und Sperren aus unerfindlichen Gründen herausnimmt. Der Generator weist jedem Spiel einen Termin zu. Wenn man ihn zwei, drei Minuten laufen lässt und danach immer noch rote Felder hat, dann liegt es daran, dass die Wünsche der Vereine zu restriktiv sind. Dann muss man Spielfrei-Wünsche herausnehmen oder Rücksprache mit den Vereinen halten.

Ist die Spielplanerstellung anspruchsvoller geworden, weil die Vereine mehr Wünsche haben und um Hallenkapazitäten kämpfen müssen?

Thorsten Meinl: Das variiert. Ich habe die Verbandsoberliga Herren, die ziemlich kompliziert ist. Da lasse ich den Generator lange laufen. Diesmal war es relativ schmerzfrei, aber vergangene Saison war es deutlich komplizierter. Es lässt sich kein Trend ablesen. Oft sind die Einzelturniere der Grund für Spielfrei-Wünsche, weil da die Vereine keine Mannschaftspiele haben wollen, was auch verständlich ist.

Spielen zwei Teams eines Vereins in der gleichen Liga, sollen diese am Anfang der Saison aufeinandertreffen. Wie viel Wettspielordnung (WO) fließt also in den Spielplan ein?

Thorsten Meinl: In der WO steht für den Spielplan gar nicht so viel drin, aber, wie gesagt, dass Teams aus dem gleichen Verein am ersten Spieltag spielen sollen. Früher gab es mal Durchführungsbestimmungen, dass der letzte Spieltag möglichst komplett sein soll, damit nicht Mannschaften schon drei Wochen früher fertig sind und es eine Wettbewerbsverzerrung gibt. Das war aber nie eine festgeschriebene Regel.

Doppelspieltage und Auswärtskoppelwünsche dienen dazu, die Beanspruchung der Spieler zu kanalisieren und Reisekosten einzusparen. Wie häufig werden diese gewünscht? Die Bundesliga-Damen vom TSV Schwabhausen spielen zunächst zuhause gegen Weinheim und tags drauf morgens schon wieder auswärts in Böblingen, während Weinheim einen Tag später bei seiner „Tour de Bayern“ gleich in Kolbermoor aufkreuzt...

Thorsten Meinl: Ich kann nur von meinen Ligen reden, da werden sehr viele Auswärtskoppelspiele gewünscht. In der Nord-Staffel ist eine Mannschaft nördlich von Würzburg beheimatet und eine andere in der Nürnberger Ecke oder sogar noch weiter. Die fahren dann locker zwei Stunden mit dem Auto und wollen deshalb möglichst viele Koppelspiele haben. In der Nord-Staffel gibt es viele Vereine im Nürnberger Raum, die brauchen untereinander natürlich kaum Koppelspiele. Bei den Bezirksligen ist das weniger relevant.  

Die diversen Bedingungen können gewichtet werden. Welche hat in der Regel das meiste Gewicht?

Thorsten Meinl: Wie gesagt, in der Verbandsoberliga sind es die Koppelspiele. Ich gebe denen maximales Gewicht. Weil wenn man die anderen Bedingungen wie „möglichst gleicher Abstand zwischen den Spielen“ optimiert, bringt das wenig. Die Vereine fangen ja sofort an, Spiele zu verlegen, nachdem der Spielplan veröffentlicht ist. Dann sind die ganzen Optimierungen am Ende eh Makulatur. Da macht es wenig Sinn, dafür Zeit zu investieren. Danach kommt die möglichst große Abwechslung zwischen Heim- und Auswärtsspielen. Wenn man versucht, möglichst viele Auswärtskoppelspiele einzubauen, kommt es schon mal vor, dass eine Mannschaft zunächst drei Heim- oder Auswärtsspiele in Folge hat. Das ist an sich kein großes Problem, aber unschön.

Wieso ist nicht garantiert, dass der Generator den besten Spielplan findet? Gibt es besonders komplexe Wünsche der Vereine?

Thorsten Meinl: Das Problem ist, dass die Anzahl der möglichen Spielpläne astronomisch hoch ist. Im Prinzip könnte man den absolut besten Spielplan finden, wenn man genug Zeit investiert. Mein Generator verwendet ein heuristisches Verfahren, d.h. er probiert nur eine sehr kleine Anzahl von möglichen Spielen und kombiniert die dann intelligent miteinander. Wenn er zwei Spielpläne hat, generiert er die besten Teile aus den beiden Spielplänen. Im Endeffekt probiert man nur eine sehr geringe Anzahl der überhaupt möglichen Spielpläne. Dass dabei der optimale Spielplan dabei ist, ist eher unwahrscheinlich. Aber in der Regel sind die veröffentlichten Spielpläne trotzdem ziemlich gut. Mit den ganzen Bedingungen und Gewichtungen ist eh die Frage: Was ist denn genau der optimale Spielplan? Man wird nie schaffen, einen Spielplan zu erstellen, der keine leichten Verletzungen hat, weil bestimmte Bedingungen sich gegenseitig ausschließen.

Die Wünsche der Vereine sind nicht besonders komplex. Die haben die Stellgrößen Heimspiele, Spielfrei-Wünsche, Heim- und Auswärtskoppelspiele. Daraus für die gesamte Liga einen einigermaßen schönen Spielplan zu generieren, das ist die Herausforderung.

In Profi-Ligen wie z.B. Fußball-Bundesliga ist bei der Spielplan-Erstellung von einer sehr komplexen Angelegenheit die Rede, weil auch Reiserouten von Fans, Polizeieinsätze usw. berücksichtigt werden. Der Spielplan beim Fußball nutzt die Methode der ganzzahligen linearen Optimierung. Kannst du dir vorstellen, wie herausfordernd die Erstellung ist?

Thorsten Meinl: Im Prinzip ist es so, dass man eine Bedingung so griffig formulieren muss, damit der Computer sie versteht und auswerten kann. Mittlerweile gibt es 15 schwere und leichte Bedingungen beim Tischtennis. Diese einzubauen, das war kein Hexenwerk. Die zusätzlichen Bedingungen für Hessen, die ich dieses Jahr noch mit aufgenommen habe, waren ein zusätzliches Kriterium für die Optimierung. In Hessen gibt es sogenannte Ausweichspieltage. Die waren bereits teilweise in den Generator integriert, nur in anderer Form. Das war kein sonderlich großes Problem der Umsetzung. Es gibt auch noch Mindestspieltage pro Monat in Hessen.  

Mehr zum Spielplangenerator

Zur Person

Thorsten Meinl (42) ist seit 2007 Spielleiter der Verbandsoberliga Herren Nord (früher Bayernliga Nord). Er hat in Erlangen Informatik studiert, wohnt aber inzwischen in einem kleinen Ort bei Zürich (Schweiz) und arbeitet dort als Head of Engineering bei einem Software-Entwickler. In diesem Jahr erhielt er die BTTV-Ehrennadel in Gold. Von 1992 bis 2009 war Meinl als Spieler des SC Adelsdorf gemeldet.

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